Segeln am Traunsee/Gmunden vom 30.06.– 04.07.2025
(Ein Erfahrungsbericht von Peter Traussnig)
Im April dieses Jahres bin ich – ein unbelehrbarer Optimist und langjähriger Rollstuhlfahrer, der immer mal wieder auf der Suche nach Herausforderungen ist – bei einer Recherche im Internet auf die Homepage des „mini12 – Integrativer Segelverein“ (www.mini12.at) gestoßen. Ein gemeinnütziger Verein mit der Mission den Segelsport Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen zu ermöglichen.
Obwohl ich mich in den letzten Jahren in meiner Freizeit hauptsächlich mit Ausdauersportarten beschäftigte, war ich durch meine Affinität zum Wasser sofort interessiert. Anfangs noch nicht ganz sicher, ob dieser Verein die richtige Adresse für mich ist, konnte ich nach einer ersten Kontaktaufnahme per E-Mail (office@mini12.at) und einigen Mails und einem ausführlichen Telefonat später, meine Zweifel beseitigen und meldete mich für die „Traunsee Woche“ an.
Wegen meiner relativ späten Anmeldung waren die wenigen barrierefreien Zimmer in Gmunden schon vergeben, aber im 13 km entfernten Ebensee wurde ich im Landhotel Post fündig. Dort gibt es drei geeignete Zimmer, die ich jedem weitgehend selbständigen Rollstuhlfahrer mit ruhigen Gewissen empfehlen kann.
Hatte ich ursprünglich geplant, die tägliche Strecke zwischen Ebensee und Gmunden mit dem Niederflurzug ausgehend von der geeigneten Haltestelle „Ebensee Landungsplatz“ zu bewältigen, musste ich Vorort leider davon Abstand nehmen, da die Strecke vom Bahnhof Gmunden zum Union-Yacht-Club-Traunsee durch den großen Höhenunterschied nur mit erheblichem körperlichem Aufwand oder mit der Straßenbahn zu bewältigen gewesen wäre.
Letztendlich war mir das bei der herrschenden Hitze doch zu umständlich und aus dem Vorhaben meinen CO2 Abdruck möglichst gering zu halten wurde nichts. Geparkt habe ich auf einen ganztägig schattigen Parkplatz beim Toscanapark, obwohl alternativ und mit §29b Ausweis die Möglichkeit bestand, direkt – aber mit viel Sonne – vor dem Yacht-Club an der Straße zu parken. Denn kurzen Fußweg vom Toscanapark nahm ich in Kauf.
Gespannt auf das was auf mich zukommt, traf ich pünktlich montags um 10:00 Uhr im Union-Yacht-Club Traunsee ein. Herzlich begrüßt und nach einer Vorstellrunde fühlte ich mich sofort wohl und aufgenommen.
Von den fünf Teilnehmern war ich der einzige Neuling, während die anderen zum Teil schon jahrelang daran teilnahmen und Erfahrung im Segeln hatten. Alle zusammen, die Teilnehmer und Betreuer, wirkten auf mich wie eine durch und durch homogene Gruppe, denen die Freude und Begeisterung für das Ganze deutlich anzumerken war.
Während der letzte Vorbereitungsarbeiten durch die Betreuer, war noch Gelegenheit sich mit den anderen Teilnehmern auszutauschen und von der Terrasse aus, die vor mir liegende wunderschöne Kulisse zu genießen.
Vor mir lag das Areal des Yacht-Clubs mit der Steganlage und den dort liegenden Booten. Dahinter der Traunsee, begrenzt durch die steil abfallenden Hänge des Grünberges mit der Seilbahn. Im Anschluss daran rechts die Ausläufer des Traunsteins bis hin zum Traunstein selbst. Zur linken Hand die Esplanade, die bis ins Zentrum von Gmunden führt mit der Traun Mündung und der Traunbrücke. Zur rechten Hand, das bekannte Schloss Orth umgeben von geschützter Natur und dem weitläufige Toscanapark. Getoppt wurde das Ganze durch prächtigstes Sommerwetter.
Schließlich war es soweit!
Alle Teilnehmer fanden sich am Steg ein, wo die Boote schon darauf warteten in Betrieb genommen zu werden. Als einziger Neuling wurde mir noch erklärt wie das Boot funktioniert bzw. zu handhaben ist. Auf mich prasselten alle möglichen Begriffe, Regeln und Tipps ein, die es erstmal zu verarbeiten galt. Aber die für mich noch größere Herausforderung kam erst auf mich zu.
Nämlich, wie komme ich ins Boot hinein und vor allem wieder heraus? Das Hinein erwies sich als nicht so dramatisch. Erstmal vom Rollstuhl auf ein am äußeren Rand des Stegs liegendes Sitzkissen setzten, um dem Boot so nahe wie möglich zu sein. Von den Helfern am Steg das Boot ruhig gehalten, war es leicht möglich meine Beine in das Innere des Bootes hängen zu lassen, um mich im Anschluss, nachdem ich einen festen Halt mit den Händen links und rechts am Bootsrand innehatte, selbstständig ins Boot zu hieven und auf den Sitz hinunter zu lassen, wo ich zuvor schon einen Silikonkissen hingelegt hatte. Danach die Beine in gestreckter Position hinlegen um eine möglichst angenehme Sitzposition einzunehmen. Zuletzt noch ein Polster für den Rücken, da es sonst zu hart wäre. Jetzt war noch aus Sicherheitsgründen die Schwimmweste anzulegen und es konnte los gehen.
Neben meinem Boot wartete mein Betreuer in seinem Boot auf mich und nach einem kräftigen Schub von den Helfern am Steg, begann die erste Ausfahrt. Unter fachkundiger Anleitung lotste er mich vorbei an mehreren Booten weiter hinaus auf den See, wo es in größeren Umkreis keine Hindernisse gab.
Die nächsten 2 Stunden war er geduldig bemüht mir die Kunst des Segelns ansatzweise näher zu bringen. Zur Verfügung standen mir ein Steuerknüppel und 3 Leinen – eine rote, blaue und grüne – verbunden mit den dazugehörigen Segeln. Dazu noch der Wind und das Wasser, zwei Parameter, die ich unter diesen Umständen noch wenig bis gar nicht einzuschätzen vermochte. Unter den fachkundigen Kommandos meines Betreuers gelang alles sehr gut, die eigenen Versuche erzeugten anfangs mehr Stress als die Ausschüttung der erhofften Glückshormone.
Schließlich war die erste Ausfahrt zu Ende und im Kopf schon etwas müde, kam mir die Mittagspause sehr gelegen. Das Anlegen des Boots unter Anleitung funktionierte ganz gut und das Heraus aus dem Boot gestaltete sich, wie schon erwartet, wesentlich schwieriger als das Hinein. Selbständig schaffte ich es, mich auf den Bootsrand zu setzten, aber weiter auf das Kissen am Steg sowie vom Steg in den Rollstuhl, dafür musste ich die Unterstützung der Helfer in Anspruch nehmen.
Für die Helfer war diese Hilfeleistung mit großer körperlicher Anstrengung verbunden, wofür ich mich bedanken möchte! Sollte ich den Segelsport weiter ausüben wollen, ist das Heraus aus dem Boot eine Sache, an der ich noch feilen und in Ruhe experimentieren muss, um auch diesen Part weitgehend oder im optimalsten Fall ganz selbständig bewältigen zu können.
Das Mittagessen wurde vereinsintern organisiert und zubereitet, war sehr gut und reichlich vorhanden. Auch hier ein Dank an die Helfer, die im Hintergrund arbeiteten und bemüht waren, das Essen pünktlich auf den Tisch zu bringen!
Nach dem Essen im Grunde das gleiche Procedere wie am Vormittag. Ins Boot hinein, segeln, bei Bedarf eine Pause und um ca. 16:00 Uhr anlegen am Steg und wieder heraus aus dem Boot.
Dieser Ablauf war die nächsten Tage von Dienstag bis Freitag geplant, beginnend ab 09:00 Uhr. Manchmal wurden die Betreuer für kürzere Einheiten gewechselt, was den Vorteil hatte, aus dem Fundus der Erfahrungen jedes einzelnen Betreuers zu schöpfen.
Das Segeln ging mit jeder Ausfahrt besser und in kurzer Zeit war es möglich, sich mit dem erworbenen Wissen unter Ausnützung der Dynamik von Wind und Wasser auf dem See zu bewegen. Ein wirklich sehr schönes und wunderbares Gefühl von Selbständigkeit! Es gab auch Rückschläge, wenn das eigene Ego meint besser zu sein als die tatsächlichen Fähigkeiten es waren, aber das ist ein notwendiger Lernprozess.
So vergingen die Tage und je mehr und länger ich Einblick in die Abläufe hatte, umso mehr wurde mir bewusst, wieviel Aufwand dahinterstand, um einen reibungslosen und sicheren Ablauf zu gewährleisten.
Angefangen von der Organisation schon lange vor Beginn bis hin vor Ort im Yacht-Club, die notwendige Logistik zur Beschaffung der Boote, die tägliche Vor- und Nachbereitung sowie Wartung der Boote. Für die Teilnehmer die Unterstützung am Steg, die Begleitung und Anleitung beim Segeln, und…und…und. Auch hier ein großer Dank an alle beteiligten Personen!
Am Mittwochabend gab es in entspannter und angenehmer Atmosphäre ein gemeinsames Abendesse etwas außerhalb beim „Wirt am Bach“. Gesprächsstoff gab es ja genug über die gemeinsam gesammelten Erfahrungen und Eindrücke.
Ein Thema war auch die bevorstehende Abschluss Regatta, die ursprünglich für Freitag geplant, wetterbedingt aber für Donnerstag am frühen Nachmittag angesetzt wurde. Am Donnerstag wurde vormittags dafür fleißig trainiert und von den Betreuern gab es für die Teilnehmer jede Menge wertvoller Tipps.
Nach dem Mittagessen war Start der Regatta, bei der es nach einer bestimmten Distanz eine Boje zu umrunden galt und wieder zurück. Trotz des sehr böigen Windes schafften es alle Teilnehmer, wenn auch durchnässt oder von technischen Gebrechen am Boot gebremst, bravourös ins Ziel. Sieger war eindeutig der olympische Gedanke!
Nach 4 Tagen schönstem Sommerwetter war der Freitag ein Schlechtwettertag und das Segeln fiel aus. Am Vormittag gab es eine Videoanalyse der Regatta sowie Ehrungen für die Regatta Teilnehmer und einigen Helfern. Nach dem anschließenden Mittagessen hieß es langsam Abschied nehmen und die Heimreise anzutreten.
Alles in allem eine spannende Woche, die es mir ermöglichte in eine für mich neue Welt einzutauchen und interessante und liebe Menschen kennenzulernen!